John 4

Durch Samaria nach Galiläa

Es heißt hier so menschlich, dass der Herr, der ja der Allwissende ist, etwas „erkannte“. Es ist so, als wäre Ihm etwas zu verstehen gegeben worden oder als ob Er es mitbekommen hätte. Hier sehen wir, wie seine wahrhaftige Menschheit in den Vordergrund tritt, obwohl Er doch der ewige Gott ist, der alles weiß. Das ist das Wunder seiner Person, das wir nicht ergründen können. Der Herr erkennt, dass die Pharisäer gehört haben, dass Er mehr Jünger macht und tauft als Johannes. „Jünger machen“ geschieht durch die Taufe (Mt 28:19). Auch die Pharisäer kamen zur Taufe des Johannes. Er tauft sie jedoch nicht, sondern stellt sie an den Pranger (Mt 3:7).

Johannes stellte bereits eine Bedrohung ihrer Stellung dar, doch jetzt hören sie, dass der Herr noch mehr Volk anzieht. Dadurch sehen sie sich noch stärker bedroht. Ihr Hass gegen Ihn wird offenbar, weil sie Böses tun und Er das ans Licht bringt. Aber sie wollen nicht von Ihm bloßgestellt werden (Joh 3:20). Um sich für diesen Augenblick ihrem Hass zu entziehen, verlässt der Herr Judäa, wo die Pharisäer stark vertreten sind.

Der Evangelist Johannes erwähnt noch in einem Nebensatz, dass der Herr selbst nicht tauft, sondern dass seine Jünger das tun. Seine Jünger können nur zu einem lebenden Messias hin taufen. Er selbst weiß, dass Er als der Sohn des Menschen zuvor leiden und sterben muss, deshalb tauft Er nicht.

Er verlässt Judäa und geht wieder nach Galiläa. Sein Kommen nach Galiläa ist der Augenblick, wo in dem Bericht der anderen Evangelien sein öffentlicher Dienst beginnt und Galiläa ein großes Licht sieht (Mt 4:12-17). Sein Weg nach Galiläa führt durch Samaria. Er musste durch Samaria ziehen. Es ist ein göttliches „Muss“, denn sein Vater hat seinen Weg so bestimmt. Als wahrhaftiger Mensch hat Er am Morgen sein Ohr für den Vater geöffnet (Jes 50:4). Deshalb weiß Er, dass Er in Samaria auf eine erschöpfte Frau treffen wird. Gott will diese Begegnung gebrauchen, um dadurch unter den Völkern ein Zeugnis zu haben, dass sein Sohn der Heiland der Welt ist (Joh 4:42).

An der Quelle Jakobs

Der Herr kommt nach Sichar. Johannes erinnert daran, dass diese Stadt nahe bei dem Feld liegt, das Jakob seinem Sohn Joseph gab. Dadurch werden wir an die Beziehung zwischen Jakob und seinem Sohn Joseph erinnert. Wir wissen, dass Joseph der Sohn der Liebe seines Vaters Jakob war. Jakob hatte Joseph als Ausdruck seiner Liebe zu ihm einmal ein buntes Kleid gegeben (1Mo 37:3). Doch er hatte Joseph auch ein Feld gegeben, das er von den Söhnen Hemors gekauft hatte (1Mo 33:19; 1Mo 48:22; Jos 24:32). In der Beziehung der Liebe zwischen Jakob und Joseph und darin, wie sich diese Liebe äußert, finden wir ein wunderbares Bild der Liebe des Vaters zum Sohn. Der Vater liebt den Sohn und hat alles in seine Hand gegeben (Joh 3:35).

Bei Sichar befindet sich die Quelle Jakobs. Es ist die Quelle für den ermüdeten und durstigen Wanderer. Der Herr Jesus ist von der Reise ermüdet und setzt sich an dieser Quelle nieder. Johannes beachtet wieder eine Einzelheit und berichtet, dass es ungefähr um die sechste Stunde war, also zu der heißesten Zeit des Tages.

Wir sehen, wie der Sohn Gottes an dem allgemeinen Leiden der Menschheit teilnimmt, als Er ermüdet von der Reise an der Quelle sitzt, um auszuruhen. Er ist damit zufrieden. Er will nichts anderes, als nur den Willen des Vaters zu tun. Der Vater hat Ihn dorthin geleitet. Im Folgenden finden wir eine wunderschöne Aufzählung von Kennzeichen oder Eigenschaften des Heilandes, die alle in ihrer ganzen Herrlichkeit und Pracht sichtbar werden. An allem, was Er sagt, zeigt sich seine vollkommene Gottheit. Wir sehen in Ihm, dass Gott Licht ist und dass Gott Liebe ist. An dem, was Er nötig hat, zeigt sich sein völliges Menschsein.

Eine Begegnung an der Quelle

Während der Herr dort sitzt und ausruht, kommt eine Frau aus Samaria zu der Quelle, um Wasser zu schöpfen. Das ist der Anfang einer außergewöhnlich bemerkenswerten Begegnung zwischen einer einsamen, armen, sündigen Frau und dem Richter der Lebenden und der Toten.

Er beginnt das Gespräch mit der Bitte, Ihm, dem ewigen Gott, dem Schöpfer von Himmel und Erde, zu trinken zu geben. Als Mensch ist Er für einen Schluck Wasser von dieser Frau abhängig. Dabei ist Er der, der ein ganzes Volk vierzig Jahre lang mit Essen und Trinken versorgte, der Wasser in Wein verwandelte und eine hungrige Menge speiste. Er bittet jemand anders, Ihm zu trinken zu geben. Er befiehlt nicht, sondern nimmt den Platz eines demütigen Menschen ein, der um etwas bittet, und das gegenüber einer sehr sündigen Frau. So beginnt der Herr das Gespräch mit dieser Frau, die Er durch und durch kennt. Er weiß, wie Er ihr begegnen muss, um ihr schließlich den vollen Segen zu geben, den Er für sie hat.

Diese Begegnung ist von Gott genau vorbereitet. Als der Sohn Gottes und die Frau sich begegnen, ist niemand dabei. Die Jünger mussten weggehen, um für sie Platz zu machen. Sie wissen nichts von dieser Gnade. Auch die Frau kommt allein zur Quelle. Sie ist nicht bei den anderen Frauen. Und in ihrer Einsamkeit begegnet sie dem Heiland der Welt. Es ist eine wunderbare Führung Gottes, der sie dorthin gebracht hat. Was für ein Zusammentreffen! Zwei Einsame begegnen sich. Doch wer war einsamer als Er? Das Gespräch findet zwischen Ihm und ihr persönlich statt, ohne mögliche Einmischung oder Ablenkung durch andere.

Die Samariterin ist über die Bitte des Herrn sehr verwundert. Sie sieht, dass Er ein Jude ist. Sie weiß, dass sie in den Augen der Juden „nur“ eine samaritische Frau ist, die von daher nichts gilt. Die Verachtung der Samariter durch die Juden war groß, sogar so groß, dass Juden die Samariter völlig ignorierten. Juden taten so, als existierten sie gar nicht. Es gab keinerlei Umgang mit ihnen. Deshalb ihre erstaunte Frage, wie es denn möglich sei, dass Er, der in diesem Augenblick noch nicht mehr für sie ist als „ein Jude“, sie um etwas zu trinken bittet.

Die Gabe Gottes

In seiner Antwort spricht der Herr zu der Frau über Gott, der eine Gabe hat. Er sagt das in einer Weise, die in ihr das Verlangen nach dieser Gabe weckt. Der Sohn stellt Gott nicht als jemand vor, der fordert, sondern als jemand, der gibt. Wenn sie die Gabe Gottes kennte, das heißt das lebendige Wasser, dann würde sie die Rollen tauschen. Sie würde Ihn gebeten haben, ihr zu trinken zu geben, und Er hätte ihr lebendiges Wasser gegeben. Gott ist die Quelle lebendigen Wassers (Jer 2:13; siehe auch Sach 14:8), und als Gott der Sohn bietet Er Menschen nun das lebendige Wasser an.

Mit diesem Angebot will Er ihrer geistlichen Not, ihrem geistlichen Durst begegnen. Er ist in der Lage, diesen Durst zu stillen. Deshalb weist Er auf sich selbst als den Erniedrigten hin, der zugleich der Sohn des Vaters ist, der sich jedoch so tief erniedrigt hat, dass Er eine sündige Frau um Wasser bitten kann. So nahe ist Gott in seinem Sohn, in Ihm, der der wahrhaftige Gott und das ewige Leben ist, dem Menschen gekommen. Wenn Er sagt: „… wüsstest, wer es ist, der zu dir spricht“, weist Er damit auf sich selbst als den ermüdeten und durstigen Menschen, der sie um einen Schluck Wasser bittet und der zugleich der ewige Sohn Gottes ist. Er ist wirklich die Gabe Gottes an Menschen.

Konnte Gott es noch deutlicher zeigen, dass Er ein Gebender ist? Dass sie in dem Augenblick noch keine Ahnung davon hat, ändert nichts daran, dass Er die gewaltige Gabe Gottes ist. Wenn sie nur die geringste Ahnung davon gehabt hätte, hätte sie Ihn um lebendiges Wasser gebeten. Das ist die Bitte um das lebendigmachende Wort Gottes, das Gott den Herzen derer vorstellt, die nach diesem lebendigen Wasser verlangen. Wenn wir dieses Verlangen haben, wird es in unserem Herzen wirksam und bringt uns in Verbindung mit dem Herrn Jesus und mit allem, was in Ihm zu finden ist.

Aber genau wie Nikodemus im vorigen Kapitel kann auch die Frau nur auf dieser natürlichen Ebene denken. Dadurch schränkt sie die Worte des Herrn ein, als benötige sie menschliche Hilfsmittel, um dieses lebendige Wasser zu erhalten. Sie fragt Ihn, woher Er denn das lebendige Wasser habe. Und sollte Er etwa größer sein als das Frühere, das immer für alle Bedürfnisse ausgereicht hat, schon früher für Jakob und seine Familie und seinen Besitz, und jetzt auch für ihre Bedürfnisse?

Wer keinen Blick für die Herrlichkeit Christi hat, für den ist die Tradition immer ein Hindernis, das anzunehmen, was von Gott kommt. Ein großer Name und große Gaben und eine lange Tradition machen blind für das Werk Gottes in Christus. Dadurch wird der wahrhaft Große nicht in seiner Größe erkannt.

Doch der Herr sucht, ihre Traditionen zu durchbrechen. Zuerst weist Er sie auf das Wasser im Brunnen hin. Das Wasser gibt für eine bestimmte Zeit Erquickung, doch dann hat man wieder Durst und muss erneut trinken. Wasser aus einem natürlichen Brunnen löscht den Durst zwar für den Augenblick, aber nicht für immer. Das hat Gott für das Geschöpf so bestimmt. Doch für den, der vom Heiligen Geist trinken kann, liegt die Sache anders. Davon spricht Christus im Anschluss und bezieht sich auf das Wasser, das Er anbietet. Das Wasser, das Er gibt, befreit nicht nur vom ruhelosen Suchen nach Frieden, sondern gibt viel mehr. Das Wasser ist eine Quelle der Freude, die jemand innerlich bekommt und die er nie wieder verliert.

Damit ist noch mehr verbunden. Die innere Quelle steht in Verbindung mit dem ewigen Leben. Dabei denkt der Herr an die Gabe des Heiligen Geistes, die Er in dem Gläubigen gibt, damit dieser in ihm eine Quelle göttlicher Freude wird (Joh 7:39). In Kapitel 3 ist die Gabe der eingeborene Sohn, den Gott der Welt gegeben hat (Joh 3:16). Hier ist die Gabe der Heilige Geist, den Gott uns durch seinen Sohn gibt und der uns befähigt, all das zu genießen, was uns im Sohn gegeben ist.

Alles, was Gott uns gegeben hat, kann in dem Begriff „das ewige Leben“ zusammengefasst werden. Das ewige Leben hat zwei Aspekte. Es ist sowohl der Herr Jesus selbst (1Joh 5:20) als auch das Kennen des Vaters und des Sohnes. Auch das wird das ewige Leben genannt (Joh 17:3). Eine solche Quelle zu besitzen, die es uns ermöglicht, das ewige Leben zu genießen, führt zu bleibender Befriedigung. Wo diese Quelle vorhanden ist, gibt es in Ewigkeit kein Bedürfnis mehr nach irgendetwas anderem. Das sind die herrlichen Dinge, die mit der Gabe Gottes verbunden sind.

Die Frau hat bereits so viel von den Worten des Herrn verstanden, dass sie danach verlangt, das zu besitzen, worüber Er spricht. Sie verbindet das jedoch noch mit der natürlichen Quelle, als müsste sie diese dann nicht mehr aufzusuchen, um ihren natürlichen Durst zu löschen.

Das Gewissen im Licht

Bevor der Herr ihr jedoch das Wasser geben kann, das in ihr eine Quelle Wassers werden wird, muss zunächst ihr Gewissen in das Licht Gottes kommen. Sie muss zuerst von ihren Sünden überzeugt werden. Im Blick darauf sagt Er, dass sie hingehen und ihren Mann rufen solle. Er sagt aber nicht nur: „Geh hin“, sondern auch: „… und komm hierher.“ Seine Güte wird durch ihr sündiges Leben nicht eingeschränkt. Seine Güte erweist sich gerade dadurch.

Durch seine Frage erkennt die Frau sich selbst. Wenn sie sagt: „Ich habe keinen Mann“, ist das keine Ausrede, sondern damit anerkennt sie, dass sie durch ihr unverheiratetes Zusammenwohnen in Sünde lebt. Der Herr bestätigt, dass ihre Antwort richtig ist. In seiner folgenden Reaktion spricht Er nur wenige Worte, aber diese Worte bringen sie in das Licht Gottes. Sie wird von diesem Licht jedoch nicht verzehrt, sondern in die Gnade eingeführt.

Er zeigt ihr, dass ihre Geschichte für Ihn wie ein aufgeschlagenes Buch ist. Die Wahrheit verschont sie nicht, sondern legt vielmehr ihre Sünde vor Gott und ihrem eigenen Gewissen offen. Das erkennt sie als das Licht Gottes. Die Frau erkennt, dass die Worte des Herrn nicht menschlicher Weisheit entspringen, sondern der Kraft Gottes. So spricht ein Prophet, und so spricht Christus hier. Ein Prophet spricht die Worte Gottes, durch die der Hörer in die Gegenwart Gottes kommt und sich selbst erkennt (vgl. 1Kor 14:24; 25).

Für die Frau war der Herr zunächst einfach nur „ein Jude“ (Joh 4:9), nun ist er schon „ein Prophet“, und sogleich wird sie Ihn als den „Christus“ bekennen (Joh 4:29). So sehen wir, wie ihr Glaube durch das gnädige Wirken Christi in ihrer Seele schnelle Fortschritte macht. Es ist die Gnade, die ihre Sünde nicht vor ihr verbirgt, sondern sie empfinden lässt, dass Gott alles weiß. Und doch ‒ Er, der alles weiß, ist da, ohne sie zu beunruhigen. Ihre Sünde ist vor dem Angesicht Gottes, doch Gott geht nicht mit ihr ins Gericht. Was für eine wunderbare Begegnung ist das zwischen einem mit Sünden belasteten Herzen und Gott, eine Begegnung, die durch Christus zustande kommt. Die Gnade bewirkt Vertrauen.

Der Ort der Anbetung

Nachdem die Frau sich in das Licht Gottes gestellt weiß, spricht sie über Anbetung, über die Verehrung Gottes. Ein Herz, das von seinen Sünden und von der Gnade Gottes gegenüber Sündern überzeugt ist, verlangt danach, Gott anzubeten. Hier sehen wir, wie das bei dieser Frau geschieht. Sie äußert ihren Wunsch nach Anbetung und zugleich spricht sie über ihre Schwierigkeit, zu wissen, wie und wo das geschehen soll, indem sie auf zwei Orte der Anbetung hinweist.

Die Frau spricht über „unsere Väter“, die auf „diesem Berg“ angebetet haben. Anbetung war für sie bis jetzt immer mit einer langen Tradition verbunden. Das ist bei zahllosen Christen auch heute der Fall. Sie besuchen eine Kirche oder ein Gebäude, weil ihre Eltern und Großeltern das auch getan haben. Sie haben sich noch nie gefragt, was die Frau sich nun fragt: „Was ist der wahre Ort der Anbetung“?

Die Frau weiß auch, dass für die Juden Jerusalem der Ort ist, wo man anbeten muss. Sie will vom Herrn Jesus wissen, welcher der beiden Orte der wahre Ort der Anbetung ist. Der Herr geht auf ihre Frage ein, wobei Er zuerst den Glauben an Ihn betont. Das sieht man daran, dass Er seine Belehrung über Anbetung mit den Worten beginnt: „Frau, glaube mir.“ Er macht ihr klar, dass für den Glauben Jerusalem und Samaria als Orte der Anbetung ganz und gar verschwinden werden. Nachdem nun der Vater im Sohn und durch den Sohn offenbart ist, ist Anbetung nicht mehr an einen bestimmten Ort auf der Erde gebunden.

Obwohl sowohl Jerusalem als auch Samaria verschwinden werden, ist es doch nicht so, dass sie gleichwertige Orte der Anbetung sind. Die Frau und alle Samariter haben eine Anbetung, die nicht auf den wahren Gott ausgerichtet ist. Sie wissen nicht, was sie anbeten. Gott hat sich nicht mit ihnen verbunden und sich ihnen nicht als Jahwe bekanntgemacht. Ihre Anbetung richtet sich an einen unbekannten Gott, ein Produkt ihrer eigenen religiösen Phantasie. Für die Juden („wir“) gilt, dass sie wohl wissen, was sie anbeten. Ihnen hat Gott sich bekanntgemacht und hat ihnen auch gesagt, wo und wie Er angebetet werden will.

Gegenüber der samaritischen Frau hält der Herr daher auch den jüdischen Gottesdienst aufrecht. Der ist in diesem Augenblick noch immer der von Gott bestimmte Dienst, denn aus ihnen ist das Heil, das in Christus ist (Röm 9:4; 5). Die Samariter sind Nachahmer und stehen Gott feindlich gegenüber, denn sonst hätten sie sich den Wegen und dem Wort Gottes unterworfen.

Der Herr spricht darüber, „was“, und nicht „wer“ angebetet wird. Obwohl Gott sich im Judentum offenbart hat, ist diese Offenbarung doch noch eingeschränkt. Der ganze Dienst ist auf eine Weise geregelt, dass auch jemand daran teilnehmen kann, der nicht an Gott glaubt. Dazu kommt, dass Gott im Dunkeln wohnte, hinter dem Vorhang, und dass das allgemeine Volk Ihm nicht nahen durfte. Daher ist diese Anbetung ein „Was“, die Erfüllung einer Vorschrift, ohne dass notwendigerweise eine innere Beziehung zu Gott vorhanden ist. Doch als Christus starb, änderte sich das. Da trat Gott heraus und offenbarte sich durch den Geist in dem Sohn als Vater. Deshalb wissen Christen, „wen“ sie anbeten und nicht nur „was“.

Der Vater sucht Anbeter

Hier finden wir die erste Entfaltung christlicher Anbetung, die Gott jemals einem Menschen gegeben hat. Diese Anbetung geht nicht nur über die samaritische, sondern auch über die jüdische Anbetung hinaus. In der christlichen Anbetung wird der Vater angebetet; es geht nicht länger um die Anbetung Jahwes, des Gottes Israels, oder des Allmächtigen, wie die Erzväter Ihn kannten. Es geht auch nicht länger um eine vorgeschriebene Anbetung, die Gott fordert (5Mo 6:13). Gott hat ein Recht auf die Anbetung jedes Menschen auf der Erde, und Er hat diese Anbetung zu allen Zeiten vom Menschen gefordert. Auch wenn die Gemeinde in den Himmel aufgenommen ist und auf der Erde eine große Drangsal sein wird, ertönt der Befehl: „Betet den an, der ...“ (Off 14:7).

Doch von der Gemeinde fordert Gott keine Anbetung, denn als der Sohn auf die Erde kam, hat Gott sich als ein Geber offenbart. So kommt der Sohn Gottes zu sündigen Menschen, die wir in dieser samaritischen Frau repräsentiert sehen. Der Herr Jesus hat Gott so bekanntgemacht, wie der Sohn Ihn kennt. Er hat den Vater in der Fülle der Liebe und Gemeinschaft offenbart. Der Sohn wird auch die Seinen, die in der Welt sind, in eine bewusste Verbindung mit seinem Vater bringen, als Kinder des Vaters (Joh 20:17), weil sie aus Gott geboren sind (Joh 1:12; 13).

In diesem Licht verschwinden sowohl der Berg Gerisim als auch Jerusalem. Die Anbetung auf dem Berg Gerisim war nichts anderes als ein eigenwilliger Gottesdienst; die Anbetung in Jerusalem war nur die Erprobung des Menschen und der Beweis seiner Unfähigkeit, Gott unter dem Gesetz zu begegnen. Christliche Anbetung gründet sich auf den Besitz des ewigen Lebens im Sohn und die Gabe des Heiligen Geistes als die Kraft der Anbetung (Phil 3:3).

Von nun an ist nationaler Gottesdienst ein Irrweg, es ist nur der Versuch, etwas zum Leben zu erwecken, was verschwunden ist, wenn es um die Erkenntnis Gottes geht. Von jetzt an sucht der Vater Personen, die Ihn als Vater anbeten. Dazu müssen diese Personen Ihn als Vater kennen, und das ist nur möglich, wenn sie den Sohn angenommen haben.

Wir sehen hier das große Verlangen des Vaters, das der Sohn bekanntmacht. Das ganze Wirken des Sohnes ist darauf ausgerichtet, diese Anbetung zu bewirken. Wir lesen nirgends in der Schrift, dass der Vater etwas anderes sucht, obwohl es beispielsweise auch wichtig ist, dass wir den Herrn Jesus bezeugen. Wir sollten darüber nachdenken, ob wir diesem Verlangen des Vaters die höchste Priorität in unserem Leben einräumen.

Der Herr fügt noch etwas hinzu. Der Vater sucht sicher Anbeter, doch dabei ist es wichtig, zu wissen, wie Er angebetet werden will. Deshalb sagt der Sohn, dass wir bedenken müssen, dass Gott ein Geist ist. Er spricht über den „Vater“, wenn es um Segnungen geht, und über „Gott“, wenn es um Verantwortung geht. Wenn es daher auch um die Art und Weise der Anbetung geht, geht es um Verantwortung, und deshalb spricht Er über „Gott“ und über „müssen“.

Die Anbetung des Vaters muss „in Geist“, das heißt auf eine geistliche Weise stattfinden, geleitet durch den Heiligen Geist, und nicht in einer alttestamentlichen, irdischen und „tastbaren“ Weise. Die Anbetung, von der der Herr Jesus hier spricht, ist keine äußere Angelegenheit, für die besondere Kleidung, geweihte Räume oder bestimmte sichtbare Handlungen erforderlich wären. Es geht um das Herz und nicht um die Augen oder um die Hände. Alles, was äußerlich ist, hat nur zur Folge, dass die Aufmerksamkeit von Ihm abgelenkt wird, der dem Glauben durch den Heiligen Geist vorgestellt wird.

Zugleich ist es wichtig, dass die Anbetung des Vaters in Wahrheit geschieht, das heißt, in Übereinstimmung mit der Wahrheit, die der Herr Jesus über den Vater offenbart hat. Christliche Anbetung ist auf den Vater und den Sohn des Vaters ausgerichtet. Nur wahre Gläubige können in Geist und Wahrheit anbeten.

Christus stellt sich der Frau vor

Was der Herr Jesus über Anbetung gesagt hat, geht noch weit über das Denken der Frau hinaus. Sie wendet sich jedoch nicht von Ihm ab, sondern spricht Ihn auf den Messias an. Das ist jedenfalls der Gedanke, der durch das, was Er gesagt hat, in ihr aufkommt. Sie trifft den Kern, sie ist an der Quelle.

Als die Frau von ihrem Verlangen nach dem Messias, dem Christus, spricht, kann der Herr sich ihr bekanntmachen. Er hat sein Ziel mit ihr erreicht. Eine arme samaritische Sünderin nimmt den Messias Israels an, den die Priester und Pharisäer aus der Mitte des Volkes verworfen hatten. Jeder, der glaubt, dass Jesus der Christus (das ist der Messias) ist, ist aus Gott geboren (1Joh 5:1). Das glaubt sie. Ihr Herz ist berührt und ihr Gewissen ist erreicht. Die Gnade und die Wahrheit, die in Jesus Christus zu ihr gekommen sind (Joh 1:17), bedeuten ihr nun alles.

Da kommen gerade im richtigen Augenblick die Jünger zurück, denn das Ziel des Herrn mit dieser Frau war ja erreicht. Die Frau ist allerdings noch nicht fort, als die Jünger zurückkommen. Der Herr will, dass sie sehen, womit Er während ihrer Abwesenheit beschäftigt war. Die Jünger wundern sich darüber, dass Er mit einer Frau spricht. Es war nicht üblich, dass ein Mann allein mit einer einzelnen Frau sprach.

So wie die Frau haben auch die Jünger noch nicht viel von der Gnade und Wahrheit, die in Christus sind, verstanden, auch nicht, dass Er solche sucht, die dafür offen sind. Wenn die Jünger gewusst hätten, was die Frau suchte und was Er ihr gesagt hat, hätten sie sich noch weit mehr gewundert. Er sprach nicht nur mit ihr, Er offenbarte ihr, was sie suchte, und zeigte ihr, dass sie nur Ihn brauchte. Er erfüllte vor allem sein eigenes Verlangen, diese Frau mit der „Gabe Gottes“ bekanntzumachen.

Die Jünger müssen noch viel lernen. Sie empfinden wohl, dass etwas Besonderes geschehen ist, denn sie fragen weder die Frau, was sie sucht, noch den Herrn, warum Er mit ihr spricht.

Das Zeugnis der Frau

Die Frau verlässt nicht den Herrn, wohl aber ihren Wasserkrug. Der Wasserkrug ist das Symbol ihrer täglichen Mühsal. Die lässt sie hinter sich. Sie ist völlig ergriffen von dem Neuen, das ihrem Herzen offenbart worden ist und den sie in ihr Herz geschlossen hat: Christus. Eine neue Welt hat sich ihr geöffnet mit neuen Zuneigungen, neuen Verpflichtungen, aber auch mit einer neuen Kraft, die sie über ihre irdische Schinderei erhebt. Christus hat ihr Herz ergriffen und ihr die Kraft gegeben, von Ihm zu zeugen.

Sie will gehen und den Menschen in der Stadt von dieser besonderen Begegnung berichten, die in ihrem Leben alles verändert hat. Sie ist von ihren Sünden befreit und hat eine herrliche Zukunft. Solange sie lebt, darf sie durch den Sohn den Vater stets besser kennenlernen und Ihn dafür anbeten.

Sie spricht ohne jede Scheu über Christus als den, der ihr ihre Sünden gezeigt, sie aber auch davon befreit hat. Für sie ist Er zwar noch immer „ein Mensch“, doch zugleich auch „der Christus“. Sie geht so in dem Neuen auf, dass sie – ohne darüber nachzudenken – eine Verkündigerin wird. Sie verkündigt Christus aus der Fülle ihres Herzens und ganz einfach.

Ihr Zeugnis hat eine große Wirkung. Alle, die sie sehen und hören und sie kannten, müssen die große Veränderung bemerkt haben, die bei ihr stattgefunden hat. Ein solch begeistertes und persönliches Zeugnis hat große Kraft, weil es nicht nur um Gefühle geht, sondern auch auf das Gewissen einwirkt. Ihr Zeugnis ist der Beginn einer Erweckung in der Stadt. Alle verlassen die Stadt und kommen zum Heiland. Lots Zeugnis hatte ein völlig anderes Ergebnis. Als er bezeugte, was ihm mitgeteilt worden war, lachten sie ihn aus (1Mo 19:14).

Die Speise des Herrn

In ihrer Fürsorge für ihren Meister fragen die Jünger Ihn wohlmeinend, ob Er nichts essen wolle. Sie sind zurück mit dem Essen, das sie gekauft haben (Joh 4:8). Doch wie gut sie es auch meinen, wieder zeigen die Jünger, dass sie den Herrn nicht viel besser kennen und auch nicht viel mehr von Ihm wissen als die Frau. Sie können, ähnlich wie die Frau, nur an die leiblichen Bedürfnisse denken, während der Herr mit den geistlichen Bedürfnissen der Frau beschäftigt ist.

Dann spricht Er mit ihnen über eine Art Speise, die Er zu essen hat, die sie nicht kennen. Diese Speise ist, dass Er aus Liebe zum Vater dessen Willen erfüllt (Joh 4:34). Das ist die Speise, die dem Müden Kraft gibt und dem Unvermögenden Stärke in Fülle darreicht (Jes 40:29-31). Christus hat aus der Kraft dieser Speise gelebt und gewirkt, und darin ist Er auch für uns ein Vorbild.

Die Jünger begreifen die Tragweite der Worte des Herrn nicht. Sie können noch immer nur an irdische Quellen denken, wenn es darum geht, irdische Bedürfnisse zu stillen. Eine himmlische Quelle und insbesondere der Vater, durch den geistliche Bedürfnisse gestillt werden, liegen noch außerhalb ihres Vorstellungsvermögens. Sie kennen den Vater noch nicht und sind noch nicht völlig auf die Erfüllung des Willens des Vaters ausgerichtet, wogegen der Herr Jesus den Vater kennt und völlig darauf ausgerichtet ist, seinen Willen zu tun.

Dann sagt der Herr, woraus seine Speise besteht und was Ihm die Kraft gibt. Als gehorsamer, abhängiger Mensch bezieht Er seine Kraft aus der Erfüllung des Willens des Vaters, den Er hier als den vorstellt, der Ihn gesandt hat, um sein Werk zu vollbringen. Die Erfüllung seines Werkes besteht darin, dass Er den Namen seines Vaters bekanntmacht und dass Er Ihn verherrlicht (Joh 17:4).

Die Ernte, der Säende und der Erntende

Der Vater hatte Ihn in eine Welt gesandt, die unter dem Gericht steht, denn die Sünde des Menschen ist überdeutlich. Zugleich kann in dieser Situation das Angebot der Gnade Gottes umso deutlicher ans Licht kommen. Das Evangelium kommt dorthin, wo die völlige Verdorbenheit des Menschen ganz klar erwiesen ist, und es geht deshalb auch über alle Grenzen hinaus.

Der Herr schließt mit seinem Beispiel an eine ihnen bekannte Redewendung im Blick auf die Ernte an. Sie sehen am Korn auf dem Feld, wie lange es noch bis zur Ernte dauert. Der Herr bezieht das nun auf die Verkündigung des Evangeliums. Er sagt ihnen, dass sie ihre Augen erheben und die Felder voller Menschen anschauen sollen. Sie werden sehen, dass die Zeit der Ernte schon angebrochen ist und dass also gearbeitet werden muss, indem das Evangelium verkündigt wird, um so die Ernte einzubringen.

Der Herr ermutigt sie, zu ernten, indem Er ihnen Lohn in Aussicht stellt. Er spricht auch davon, Frucht zum ewigen Leben zu sammeln, denn jeder, der glaubt, empfängt ewiges Leben. Was für ein gewaltiges Motiv, für den Herrn Jesus zu arbeiten! Hinzu kommt noch die große Freude sowohl für den Sämann, der die Arbeit begonnen hat, als auch für den, der erntet und die Arbeit beenden darf.

Der Herr spricht hier weiter nicht über die Arbeit des Säens (wie z. B. in Mt 13:3-9), sondern nur vom Ernten. Er stellt das Ergebnis in den Vordergrund. In Verbindung mit der Verherrlichung des Namens des Vaters ist die kennzeichnende Arbeit das Ernten. Die Tätigkeiten sind unterschiedlich, doch sowohl das Säen als auch das Ernten sind erforderlich, um das gewünschte gute Ergebnis zu erzielen. Jeder hat im Werk des Herrn seinen Platz, so wie jeder das auch im Leib Christi hat (1Kor 12:14). Obwohl Er auch über das Säen spricht, ist die typische Arbeit der Apostel doch das Ernten.

Er anerkennt ganz und gar den treuen Dienst seiner Arbeiter in früheren Tagen. Das sind die Propheten, die durch den Geist Christi über den Erlöser gesprochen haben und über die Leiden, die auf Christus kommen sollten, und die Herrlichkeiten danach (1Pet 1:10-12). Was sie gesät haben, war nicht vergeblich. Die Zeit der Ernte hat auf sich warten lassen, ist aber mit dem Kommen des Sohnes Gottes angebrochen. Wer Menschen zum Herrn bringen darf, hat dazu die Gelegenheit, weil andere vor ihm diesen Menschen bereits von Ihm erzählt haben. Er kann dann den letzten Anstoß geben, das befreiende Wort sprechen, das unter dem gnädigen Wirken des Geistes Gottes jemanden zur Übergabe an den Herrn Jesus bringt.

Der Heiland der Welt

Es ist wunderschön zu sehen, wie Gott das schlichte Zeugnis der Frau gesegnet hat. Durch ihr Zeugnis kommen viele zum Glauben an den Herrn Jesus. Und worin bestand ihr Zeugnis? Aus nichts anderem als der Erkenntnis, dass ihr Gewissen in das Licht gebracht ist. Sie hat gelernt, sich selbst im Licht Gottes als Sünderin zu erkennen. Doch das Licht hat sie nicht verzehrt, denn es ist in dem zu ihr gekommen, der ihr zugleich die Liebe des Vaters offenbarte. Ihr ehrliches Zeugnis ist ein guter Beweis dafür, dass ihr Herz nichts verbirgt und den Wert der Gnade zu schätzen weiß. Das ist etwas anderes, als die Gnade zum Deckmantel für die Sünde zu missbrauchen (Jud 1:4).

Durch das Zeugnis der Frau werden die Samariter von der Gnade und der Wahrheit angezogen, die in Christus offenbart sind. Sie kommen zu Ihm und bitten Ihn, bei ihnen zu bleiben. Das ist immer das Ergebnis, wenn der Geist wahrhaft an Herz und Gewissen wirkt. Jemand der auf diese Weise überzeugt ist, wird immer den Wunsch haben, dass der Herr Jesus bei ihm bleibt, selbst dann, wenn er nicht völlig versteht, wer Er ist (Lk 24:29). Es kann auch sein, dass jemand, der von Christus überzeugt wird, den Wunsch hat, bei Ihm zu bleiben (Lk 8:38). Da sieht man dasselbe Verlangen.

Die Reaktion des Herrn auf ein solches Verlangen ist abhängig von dem Werk, das der Frischbekehrte nach dem Willen des Herrn tun soll. In diesem Fall geht Er auf ihre Bitte ein, noch zwei Tage bei ihnen zu bleiben. Das werden besondere Tage gewesen sein, in denen Er sie vieles über den Vater gelehrt hat. Die Folge ist, dass noch mehr Menschen an Ihn glaubten. Sie glaubten um seines Wortes willen, ohne um ein Zeichen zu bitten. Zuerst wird Er von einer Einzelnen als Prophet erkannt (Joh 4:29), danach von vielen als „Heiland der Welt“.

Er ist der Heiland, nicht nur für die Juden, sondern für die Welt (1Joh 4:14). Die Samariter, die zum Glauben an Ihn kommen, sind der Beweis. Sie haben Ihn gehört und sind durch sein Wort innerlich überzeugt, dass Er auch für sie gekommen ist, um sie zu retten.

Wenn jemand dem Wort Christi glaubt, entsteht eine Beziehung zwischen der Seele und Ihm. Er gibt sich durch das, was Er sagt, zu erkennen. Das war damals so, und das ist auch heute nicht anders. Hier bekommt das Wort Christi volle Wertschätzung; der Glaube empfängt das gesegnete Ergebnis, indem er erkennt, wer Er wirklich ist.

Der Herr geht nach Galiläa

Nachdem die beiden Tage vorüber sind, zieht der Herr aus dem Gebiet von Samaria weg, um seinen Platz wieder unter den Verachteten und Geringen in Galiläa einzunehmen. Das ist nach der Prophetie Jesajas das Gebiet seines Dienstes (Jes 8:23; Jes 9:1). Er ist zwar der Heiland der Welt, aber Er vergisst sein Volk Israel nicht. Der Sohn des königlichen Beamten ist ein Bild davon. Nach den zwei Tagen des Zeugnisses in der Welt – für uns ein Bild der heutigen Zeit, in der der Herr Jesus als Heiland der Welt vorgestellt wird und ein Volk gebildet wird, das den Vaters anbetet – nimmt Er die Verbindung mit seinem Volk Israel wieder auf.

Einerseits erfüllt Er die Prophezeiung Jesajas, indem Er nach Galiläa zieht. Andererseits ist Er aus Judäa fortgezogen, weil sie Ihn dort nicht wollten. Er bekommt dort nicht die Ehre, die Ihm gebührt. Doch Er ist nicht gekommen, um diese Ehre zu fordern, also hat Er Judäa verlassen. Er ist nicht gekommen, um seine eigene Ehre zu suchen, sondern die Ehre dessen, der Ihn gesandt hat.

In Galiläa bekommt Er wohl Ehre. Sie nehmen Ihn auf. Das hat nichts mit dem Glauben an seine Worte zu tun wie bei den Samaritern, sondern mit dem, was sie in Jerusalem von Ihm gesehen haben. Dort haben sie gesehen, wie Er sich in Gnade mit Menschen beschäftigt und sie geheilt hat.

Der Sohn eines Beamten wird geheilt

Der Herr kommt wieder nach Kana in Galiläa. Zur Erinnerung fügt Johannes noch hinzu, dass das der Ort war, wo Er Wasser (der Reinigung) in Wein (der Freude) verwandelt hatte. An diesem Ort gibt es jedoch keine Freude mehr, denn der Tod droht dort Einzug zu halten. In Kapernaum ist ein königlicher Beamter, jemand vom Hof des Herodes, dessen Sohn krank ist. Es ist eine Krankheit, die auf den Tod hinauslaufen wird, wenn kein Wunder Gottes geschieht.

In diesem Augenblick besucht der Herr Kana erneut. Auch hier ist Er zur rechten Zeit, um die Herrlichkeit des Vaters zu zeigen. Außer Freude bringt Er auch Leben und Genesung. Der Beamte zeigt Glauben an Christus. Er hat gehört, dass dieser nach Galiläa gekommen ist. Sein Ruf ist Ihm vorausgeeilt.

Der Beamte kommt von Kapernaum nach Kana und sucht den Herrn Jesus auf. Er bittet Ihn, zu kommen, und erzählt Ihm seine Not. Es geht um seinen Sohn, der so krank ist, dass er im Sterben liegt. Deshalb bittet er Ihn, den Sohn gesund zu machen. Obwohl der Beamte an die heilende Kraft Christi glaubt, ist sein Glaube doch begrenzt. Er meint, der Herr müsse zu seinem Sohn gehen und könne seinen Sohn nur durch seine persönliche Anwesenheit heilen. Doch Anwesenheit oder Abwesenheit ist für den Sohn Gottes bedeutungslos. Das sind lediglich Umstände, über die Er, der Gott ist, erhaben ist.

Er weist den Beamten auf die Art seines Glaubens hin, der nach Zeichen und Wundern verlangt. Es ist das typische Kennzeichen des jüdischen Glaubens, der nur glaubt, wenn er Beweise sieht. Der Glaube eines heidnischen Hauptmanns ging weiter (Lk 7:7). Obwohl die Worte des Herrn die Schwachheit des Glaubens bei dem königlichen Beamten deutlich machen, hält der schwache Glaube des Beamten doch an. Er ist nicht entmutigt, sondern fleht den Herrn an, doch mit ihm zu kommen, bevor sein Junge stirbt.

Wenn der Herr den Glauben prüft, bezweckt Er damit, das Wunder noch größer zu machen. Durch seinen beharrlichen Glauben bekommt der königliche Beamte mehr als das, worum er bittet und worauf er hofft. Er bekommt eine direkte Erhörung. Durch seine Ausdauer zeigt er Kennzeichen echten Glaubens. Er nimmt Gott bei seinem Wort, ohne Zeichen, Wunder und Gefühle. Er dringt nicht länger darauf, dass der Herr mitkommen soll, sondern geht im Glauben hin.

Der Herr ist so entgegenkommend, dass der Beamte nicht einmal warten muss, bis er nach Hause kommt, um mit eigenen Augen das Ergebnis des Wortes Christi und seines Glaubens daran bestätigt zu sehen. Noch während er unterwegs ist, kommen ihm seine Knechte mit der Nachricht entgegen, dass sein Kind lebe. Sie benutzen dieselben Worte wie Christus, als Er davon sprach, dass sein Kind lebe, ohne dass sie Ihn diese Worte hatten sagen hören. Sie haben die Wirkungen des Wortes Christi in dem Augenblick gesehen, als Er sie aussprach. Da sahen sie, wie das Leben in den totkranken Jungen zurückfloss.

Die Knechte bestätigen gegenüber dem Beamten, was der Herr gesagt hat. Der Beamte will wissen, um wie viel Uhr Besserung eingetreten ist. Die Knechte werden während der Abwesenheit ihres Herrn umso mehr über den Zustand des Jungen gewacht haben, so dass sie ihm den genauen Zeitpunkt nennen konnten, wann es besser wurde. Das weist auf ein gutes Einvernehmen zwischen dem Beamten und seinen Knechten hin. Auch der Vater weiß, wie viel Uhr es war, als der Herr die Worte zu ihm sprach, dass sein Sohn lebe.

Die Worte des Herrn sind Leben. In Ihm ist Leben, und Er teilt Leben aufgrund des Glaubens mit. Die Folge ist nicht nur Leben für den Sohn, sondern auch für den königlichen Beamten und sein ganzes Haus, denn alle kommen zum Glauben an den Sohn Gottes.

Dieses Wunder nennt Johannes das zweite Zeichen des Herrn Jesus. Im ersten Zeichen stand die Freude im Mittelpunkt, in diesem Zeichen das Leben. Ohne Leben, das Er mitteilt, kann es keine Freude geben.

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